LBV-Fachtagung Milch

Genug Karten, die man ausspielen kann


Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) hat zur Fachtagung Milch nach Heroldstatt (Alb-Donau-Kreis) eingeladen. Die Bereiche Politik und Markt waren mit Monika Wohlfahrt (ZMP), Ludwig Börger (DBV) und Karl Laible (Milchwerke Schwaben) sehr gut besetzt. Wachsende Weltbevölkerung, Verstädterung und Übernahme westlicher Ernährungsgewohnheiten lassen einen Anstieg der weltweiten Nachfrage nach Milch erwarten, der schwierig zu decken sein wird. Dennoch kam es in den letzten beiden Jahren zu einem Preisrückgang.


Zur LBV-Fachtagung konnten renommierte Gäste begrüßt werden (v. l.): Gerhard Glaser, LBV-Vizepräsident, Klaus Laible, Milchwerke Schwaben, Ariane Amstutz, LBV-Pressesprecherin, Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin ZMB, Ludwig Börger, DBV-Milchreferent und Horst Wenk, stellvertretender Geschäftsführer LBV.
Die Vorträge der Referenten haben dieTagungsteilnehmer zu einer vielseitigen Diskussion angeregt.
Strahlender Sonnenschein und ausstehende Arbeit konnte die 90 Besucher der Fachtagung nicht auf dem heimischen Betrieb halten.
LBV-Vizepräsident Glaser hat sich an der Milch-Diskussion beteiligt.

Die Stimmung unter den Milchviehhaltern passt sich aktuell der Jahreszeit an: Sie befindet sich am Übergang vom tristen Winter hin zum strahlenden Sommer. Ob es allerdings zu einem Strahlen bei den Produzenten kommen wird, sind sich die Experten nicht sicher. Auch wenn Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin der Zentrale Milchmarkt Berichterstattung (ZMP), erklärt, dass langfristig eine stärkere Nachfragezunahme zu erwarten ist, folgt prompt eine Einschränkung. Das Wachstum der weltweiten Nachfrage nach Milch wird durch gesamtwirtschaftliche Faktoren und politische Entwicklungen vorübergehend gedämpft. Seit Juni 2016 ist die Milchanlieferung in Deutschland erstmals seit dem letzten Krisenbeginn 2006 gesunken und der Rückgang hält weiter an. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für weitere wichtige Produktionsstätten (v.a. Südamerika, Ozeanien). Wie sich das weitere Milchaufkommen dort entwickelt, kann nicht abgeschätzt werden.

Volatilität bleibt dauerhaft

Wohlfarth wagt die Prognose, dass der Milchmarkt 2017 ausgeglichener als in den beiden Vorjahren sein wird – und das auf einem höheren Preisniveau. „Das Preistief ist überwunden und wir befinden uns gerade in einer Zeit in der die Nachfrage schneller steigt als das Angebot“, so die Marktexpertin. Der Milchmarkt durchläuft jedoch Zyklen, sodass die folgenden Schritte nicht auf sich warten lassen werden: Die Bestände werden zunächst, bedingt durch den zeitlichen Verzug, weiter zurückgehen, womit mit steigenden Preisen für die Milchproduzenten gerechnet werden kann. Höhere Preise führen jedoch wieder zu einer sinkenden Nachfrage bei steigender Produktion und wachsenden Tierbeständen. Eine Preisdegression lässt dann nicht mehr lange auf sich warten. Märkte wollen besetzt werden. Verantwortlich dafür ist neben den Molkereien auch die Politik. Ludwig Börger, Milchreferent des Deutschen Bauernverbands (DBV), stellt dazu zunächst die aktuelle Situation dar.

Die Marktliberalisierung in der EU nimmt zu und die Nachfrage am EU-Binnenmarkt zeigt Sättigungstendenzen. Allerdings präsentiert sich Deutschland mit wettbewerbsfähigen und hochqualitativen Milchprodukten. Milcherzeuger müssen jedoch die Marktpreise im Auge behalten und Signale frühzeitig erkennen. Im vergangen Sommer sind die Milchpreise auf dem Niveau des Krisenjahres 2009 gelandet, aktuell wird im Bundesschnitt erstmals nach zwei Jahren wieder die 30 Cent-Marke geknackt. Doch wer die Warenterminbörse im Blick hat, musste schon feststellen, dass die Preise zur zwölfmonatigen Absicherung von rund 35 Cent/kg im Januar 2017 auf derzeit 32 Cent/kg gefallen sind.

Herausforderungen des Sektors

Doch was zählt langfristig? Die Preisvolatilität bleibt erhalten. So gilt es jetzt, sich für die Zukunft zu wappnen und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und auszubauen. Um dies zu erreichen, kommen seitens Politik weitere Anforderungen an die Milchproduzenten und -vermarkter:

  • Verschärfung der Umweltgesetzgebung
  • Steigende Tierschutzanforderungen
  • Fördern und Umsetzen von Innovationen
  • Öffnen von Exportmärkten (Wettbewerbsfähigkeit von Verwaltungen)
  • Heben von nicht genutzten Wertschöpfungspotenzialen

Die Landwirtschaft rückt  weiter in den Fokus der Gesellschaft. Kommunikation der modernen Milchproduktion wird ein neuer Aufgabenbereich, dem sich alle Beteiligten stellen müssen – Landwirte, Molkereien und Staat.

Preisschwankungen meistern

Wie lange lassen sich Milchpreise voraussagen? Keiner der drei Experten wagt eine Antwort für die kommenden drei Jahre. Die einheitliche Antwort ist, dass alles dafür getan werden muss, um die Volatilität zu meistern. „Für Landwirte stehen dafür Liquiditätsplanung, Diversifizierung und Risikomanagement auf der Liste, Molkereien sollten sich mit der Sortimentsbreite, Börsenabsicherungsmodellen und Lieferbeziehungen beschäftigen. Für die Rahmenbedingungen ist der Staat mit Intervention, steuerlichen Anreizen zur Risikovorsorge, dem Erhalt der Direktzahlungen und Gedanken zu Versicherungsmodellen zuständig“, erläutert Börger das Vorgehen. Die Preisschwankungen sind für den Milchsektor ein vergleichsweise neues Phänomen mit vielen Herausforderungen.

Käsemarkt mit besonderer Rolle

Der Welthandel ist 2016 verhalten gewachsen, wie auch schon im Jahr zuvor. Der Käsemarkt hat sich hier hervorgehoben. Im Gegensatz zur weiterhin schwierigen Lage beim Absatz von Magermilchpulver haben sich die Exporte von Käse auf den Weltmarkt positiv entwickelt, trotz Russlandembargo. Es wird so viel Käse exportiert wie früher, würde Russland wieder importieren, wäre es eine deutliche Mengensteigerung, so die Marktexpertin Monika Wohlfarth. Wie Karl Laible, Geschäftsführer der Milchwerke Schwaben erläutert, wird „die Welle derzeit geritten und die Landwirte werden mit hohen Auszahlungspreisen belohnt.“ Er warnt aber gleichzeitig davor, sich auf dem derzeitigen Vermarktungserfolg auszuruhen. Aktuell ist die Käsenotierung rückläufig mit weiterhin sinkendem Trend. Es müssen die Weichen gestellt werden, bevor sich die Märkte verändern. Für die Molkerei bedeutet das. dass sie sich Wege zum Verbraucher suchen muss und dabei möglichst auf mehrere Geschäftsbeine stellt. „Man kann Geld verdienen, allerdings können nicht alle das gleiche Modell fahren“, so Laible. In benachbarten Ländern wird eine Art „Konsumpatriotismus“ gelebt, der die heimatorientierte Landwirtschaft mit einem emotionalen Wert und Nutzen verkauft.

Marktpreis ist nicht fair

Laible sieht, ebenso wie Wohlfarth, eine positive Entwicklung für die Zukunft der Milcherzeugung. Mit steigender Weltbevölkerung und damit auch einer wachsenden Mittelschicht mit anderen Ernährungsgewohnheiten, wird die Nachfrage nach Milcherzeugnissen steigen. Allerdings wird trotz des erhöhten Rohstoffbedarfs die Volatilität dauerhaft erhalten bleiben. Dass sich die Preisschwankungen durch die Molkereienstruktur beeinflussen lassen, sieht er nicht, denn Größe ist kein Garant für hohe Auszahlungspreise. Das habe die vergangene Krise gezeigt.

Milch alleine reicht nicht aus, um profitabel zu wirtschaften, Nachhaltigkeit ist eine weitere Voraussetzung. Diese muss sich jedoch in der Wertschöpfung widerspiegeln. Aktuell versucht sich der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) durch Anhebung der Standards einen höheren Marktanteil zu erhaschen. Bessere Produkte mit oftmals grünem Ton (Milch ohne Gentechnik, Tierwohl, etc.) sollen dazu beitragen. Jedoch fällt die Entlohnung der Mehrkosten für den Landwirt meist nur gering aus.

Eine Sonderrolle zur Entlastung des Milchmarkts kommt den Niederlanden zu. Die Phosphatproduktion muss begrenzt und der Kuhbestand auf den Stand vom 1. Juli 2015 reduziert werden. Man rechnet mit einem Rückgang der Milcherzeugung in 2017 um sechs bis sieben Prozent. Dafür müssen 120.000 Kühe weichen.  



Autor: kf



 

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